Alle Schwierigkeiten, die wir haben, entstammen aus Ein-Bildungen und sagen nichts über unser Vermögen aus.
In einem Gespräch mit einem neuen Kunden wurde ich diese Woche nach meinen Ausbildungen gefragt – ist so üblich, doch für mich nicht wirklich wichtig. Mir fiel mein Lehrherr ein, bei dem ich mit fünfunddreißig Jahren in die Ausbildung zum Autosattler eingetretenen bin, und ich erzählte, was sich damals zutrug und mich in meiner Arbeit bis heute prägt:
Als ich den Stift in der Hand hatte, um den Lehrvertrag zu unterzeichnen, unterbrach er mein Handeln und sagte:
“Herr Mettinger, Sie unterschreiben hier einen Ausbildungsvertrag. Ist Ihnen das wirklich bewusst? Ich erwarte, dass Sie Ihr gesamtes Vermögen, dass Sie erworben haben, einbringen. Bedingungslos. Dafür werde ich Sie in diesem Betrieb zum Autosattler ausbilden. Das heißt, Sie bekommen eine geringes Gehalt und mein Vermögen, Sie in diesem Beruf zu befähigen später mehr zu können als ich bisher vermag. Auf den Punkt gebracht: wenn sie unterschrieben haben, haben sie einen Ausbildungsvertrag und keinen Einbildungsvertrag unterzeichnet.”
Das war nun vor fünfundzwanzig Jahren. Ich bin meinem Lehrherren noch heute für diese Worte dankbar. Sie halten mir heute noch in Erinnerung, dass all unsere Schwierigkeiten auf Grund unserer Einbildungen entstehen. Weit sinnvoller erscheint mir heute, die Dinge so zu nehmen wie sie sind, ita est (= so ist es), in jeder Situation mein ganzes Vermögen einzusetzen und das Risiko des Scheitern einzugehen. Erst dann vermag sich Beeindruckendes herauszubilden.
Wie endete unser Gespräch diese Woche? Nun, einfach: “Das, was ich vermag, werden Sie erfahren, wenn wir ins Handeln kommen. Der Weg dorthin ist einfach, die Handlung ist einfach, aber es wird für den Kopf (die Einbildungen) nicht leicht sein.
Das, was ich vermag, vermag jeder, der sein Handwerk versteht. Erwarten Sie kein Wunder, geben Sie alles und Sie werden sich wundern, was sie vermögen werden – unter guter Führung.” Vermögen kommt von ‘etwas können’ und ‘Können’ ist etwas Erlerntes, etwas, was sich durch Wiederholen herausgebildet hat, und nichts, was einem zufällt.
Ich wünschte, Führung könnte wieder vom Kopfwerk zum Handwerk werden, um dadurch zur Meisterschaft und Kunstfertigkeit zu gelangen und um nicht in der Einbildung und Technik stecken zu bleiben.
Edmund Mettinger